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Metagenomik und Metatranskriptomik zur Untersuchung der Darm-Mikrobiota chronisch entzündlicher Darmerkrankungen

Der menschliche Darm beherbergt eine riesige Zahl von Mikroorganismen, die mit ihren verschiedenen Stoffwechselfunktionen für unsere Gesundheit unentbehrlich sind. Die meisten dieser Symbionten sind aber noch wenig studiert. Ihre Vielfalt wird auf mehrere tausend Spezies geschätzt. Allein die genomische Information, die in der Gesamtheit dieser Mikroben enthalten ist, das sogenannte Metagenom, ist weit größer, als unser eigenes Human-Genom. Gerät das Zusammenspiel des Immunsystems und der komplexen Mikrobiota im Darm aus dem Gleichgewicht, z.B. durch Fehlernährung, so können sich chronische entzündliche Darmerkrankungen (Inflammatory Bowel Disease = IBD) entwickeln. Zu diesen Krankheiten gehören Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, die sich insbesondere in hoch industrialisierten Ländern ausbreiten. Etwa 1,5 Millionen Menschen in Europa und mehr als 2 Millionen US-Amerikaner sind von diesen schweren Krankheiten betroffen und diese Zahlen steigen. Da erkrankte Personen eine Veränderung in der Zusammensetzung ihrer Darm-Mikrobiota aufweisen, wird vermutet, dass Mikroorganismen entweder die Krankheit unmittelbar auslösen, oder aber, dass sie zumindest eine wichtige Rolle bei ihrer Entstehung oder ihrem Verlauf spielen.

Ziel dieses Forschungsprojektes ist, es anhand experimenteller Mausmodelle Mikroorganismen oder mikrobielle Aktivitäten zu identifizieren, die IBD auslösen können oder seine Ausbreitung unterstützen. Hierdurch sollen sowohl molekulare Marker für die Diagnose von IBD identifiziert werden als auch Grundlagen für die Entwicklung wirksamer Therapeutika geschaffen werden.

Für dieses interdisziplinäre Projekt haben sich Experten aus den Bereichen mikrobielle Ökologie, mikrobielle Genomik, Mausgenetik, Immunbiologie, Maus- und Humanpathologie zusammengeschlossen. Da die Darm-Mikrobiota enorm komplex ist und viele Spezies nicht im Labor kultiviert werden können, ist die Anwendung von neuen Sequenziertechnologien (Hochdurchsatzmethoden) für die Metagenomanalyse und die funktionelle Genomanalyse erforderlich.

Um die Rolle von Mikroorganismen in IBD aufklären zu können, wird die Mikrobiota von immundefekten und immunkompeteten Mäusen vor, während und nach IBD-Erkrankung untersucht und verglichen. Erste, durch vergleichende Genom- und Genexpressionanalyse identifizierte potenzielle molekulare Marker oder mikrobielle Spezies, die mit der Krankheit assoziiert werden können (colitogene Marker), werden anschliessend im Detail analysiert. Unter anderem werden neueste, hochsensitive Isotopen-basierte Analyseverfahren eingesetzt um erste Einblicke in den Stoffwechsel und damit in die Funktion einzelner bislang unkultivierter colitogener Mikroorganismen im Darm zu erhalten. Um den Krankheitsverlaufs eindeutig mit Veränderungen der Mikrobiota zu korellieren wird zusätzlich der zeitliche Verlauf und die Schwere der Darmerkrankung anhand pathologischer und immunologischer Veränderungen des Darmgewebes ermittelt. Durch Verwendung geeigneter Mausstämme wird der Einfluss spezifischer Immundefizienzen auf das Auftreten colitogener Mikrobiota bzw. colitogener Genexpression untersucht. Weiters wird durch gemeinsame Käfighaltung gesunder und erkrankter Mäuse die Übertragbarkeit von IBD überprüft und damit geklärt ob es sich bei IBD um eine Infektionskrankheit handelt.

Die systematische Erfassung von Genen und Genprodukten, die für die Entstehung der humanen Erkrankung relevant sind, wird zu einer umgehenden Anwendung der erworbenen Erkenntnisse in Diagnostik und Therapie führen.

Das InflammoBiota Projekt lief vom 01.05.2009 bis 31.12.2012 und wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Rahmen des GEN-AU Programms finanziert.

Intestinal Microorganisms in Health and Disease

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